Mykotoxine in Haferflocken

Stand:
Ich habe seit Jahren die kernigen Haferflocken von Aldi gegessen, sie wurden von Ökotest als ungenügend eingestuft, Aldi sagt, die gesetzlichen Grenzen wurden eingehalten, ich mache mir Sorgen um meine Gesundheit, was sagen Sie dazu?
Haferflocken
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Im Produkttest von Öko-Test 10/2022 wurden drei Haferflocken mit „stark erhöhten T-2-/HT-2-Toxinen“, die von Schimmelpilzen gebildet werden, als „ungenügend“ bewertet. Darunter befindet sich auch das genannte Aldi-Produkt („Knusperone Kernige Haferflocken“). Laut Aldi erfülle die Ware nach umgehenden zusätzlichen Prüfungen alle gesetzlichen Vorgaben und sei daher verkehrsfähig und sicher. Öko-Test zufolge ist die Schimmelpilzgiftbelastung nicht akut gefährlich, rät aber dazu, die drei Haferflockenprodukte nicht täglich zu verzehren. Außerdem geben sie an, dass es sich bei den „Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von Öko-Test festgesetzt wurden“ handelt.

Achtung: Für die Schimmelpilzgifte T-2 und HT-2 gibt es bislang keine rechtlich verbindlichen Grenzwerte, bei deren Überschreitung automatisch Maßnahmen ergriffen werden müssen, sondern lediglich Richtwerte aus einer Empfehlung der EU-Kommission. Sie sind weniger strikt als die von Öko-Test zugrunde gelegten Abwertungsgrenzen. Wenn die Richtwerte überschritten werden, sollten aber Untersuchungen stattfinden. Das Aldi-Produkt überschritt nicht den festgelegten EU-Richtwert für Haferflocken und lag eindeutig unter dem Wert.

Produkttests sind oft nur eine Momentaufnahme

Produkttests von unabhängigen Organisationen sind ein bedeutender Bestandteil des Verbraucherschutzes und lenken den Fokus unter anderem regelmäßig auf Missstände zur Verbesserung der Marktbeurteilung - das ist wichtig und richtig. Verbraucher:innen sollten aber beachten, dass Produkttests immer nur bestimmte (Teil-)Chargen untersuchen. Es handelt sich also um eine Momentaufnahme. Die nächste Ernte oder die nächste Charge kann analytisch gesehen schon wieder anders ausfallen.

Schimmelpilzgifte in Lebensmitteln

Mykotoxine sind giftige Stoffwechselprodukte, die von Schimmelpilzen gebildet werden und auf verschiedene Weise in Lebensmittel gelangen können. Sie können beispielsweise durch Schimmelbefall von landwirtschaftlichen Rohprodukten in die Lebensmittelkette eingetragen werden. Mykotoxine zählen zu den Kontaminanten, also zu unerwünschten Stoffen, die einem Lebensmittel aber nicht absichtlich hinzugefügt wurden.

Die Mykotoxine T-2 und HT-2, die Öko-Test in den Haferflocken vorgefunden hat, gehören zu der Gruppe der Trichothecene. Sie werden von Pilzen der Fusarienart produziert. Fusarien sind sogenannte „Feldpilze“, befallen Getreide bereits auf dem Feld und können daher in Getreidearten wie Hafer, Weizen, Mais vorkommen. Sie wirken zwar nicht erbgutschädigend, aber zellschädigend und können bei überhöhter Aufnahme Erbrechen, Durchfall und Hautreaktionen auslösen.

Da Schimmelpilzgifte unerwünscht sind, ist grundsätzlich der Anspruch des gesundheitlichen Verbraucherschutzes das Vorkommen von Mykotoxinen in Lebensmitteln so gering wie möglich zu halten. Von daher sind auf europäischer Ebene rechtlich bindende Höchstgehalte für verschiedene Kontaminanten, darunter auch für Mykotoxine, festgelegt. Aber: Für die Beurteilung der Mykotoxine T-2 und HT-2 in Getreide und Getreideprodukten wird zurzeit noch eine Empfehlung der EU-Kommission herangezogen, die Richtwerte unter anderem für Haferflocken von 200 µg/kg festgelegt. Bei Richtwerten handelt es sich nicht um rechtlich verbindliche Höchstgehalte oder Grenzwerte, bei deren Überschreitung Maßnahmen durch Überwachungsbehörden ausgelöst werden. Sie sind mehr eine Orientierungshilfe, bei deren Überschreitung Untersuchungen durchgeführt werden sollten.

Untersuchungen und Entwicklung auf europäischer Ebene

Im Zeitraum von 2011 bis 2016 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) über 46.000 Produkte zur möglichen Belastung ausgewertet. Bei den meisten Lebensmittelproben lagen die Gehalte von T-2 und HT-2 Toxinen unter der Bestimmungsgrenze. Die höchsten Gehalte wurden bei Haferprodukten vorgefunden und die höchste mittlere Belastung bei Kleinkindern und Säuglingen durch deren geringes Körpergewicht. Auf Grundlage dessen setzte die EFSA eine neue tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von vormals 0,1 (aus der Empfehlung der EU-Kommission) auf 0,02 µg pro kg Körpergewicht für T-2 und HT-2 Toxine herab. Der TDI ist die Schätzung der Menge des Toxins, die über die gesamte Lebenszeit pro Tag aufgenommen werden kann, ohne spürbare Auswirkungen auf die Gesundheit zu haben. Außerdem wurde eine akute Referenzdosis (ARfD) von 0,3 µg pro kg Körpergewicht festgelegt. Das ist die geschätzte maximale Menge eines Stoffes, die über die Nahrung mit einer Mahlzeit oder innerhalb eines Tages ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufgenommen werden kann. Die EFSA weist in ihrer Bewertung auf Unsicherheiten hin, der ermittelte TDI könnte die Risiken von T-2 und HT-2 eventuell überschätzen.

Die EU-Kommission beschäftigt sich schon seit längerem mit einer möglichen Festlegung von verbindlichen Grenzwerten für die Mykotoxine T-2 und HT-2, die aber noch nicht rechtlich umgesetzt wurden. Verbindliche Regelungen mit so niedrig wie möglich festgelegten Höchstgehalten werden noch immer diskutiert, sollten aus Sicht der Verbraucherzentralen aber bald umgesetzt werden. Solange das nämlich nicht passiert, kann nur auf die aktuell bestehenden Richtwerte zurückgegriffen werden.

Tipps für Verbraucher:innen

Die Ergebnisse von Öko-Test sind nur eine Momentaufnahme. Trotzdem ist es empfehlenswert, Marken und Hersteller öfter durchzuwechseln, um mögliche punktuelle Belastungen durch Kontaminationen in einem bestimmten Produkt und Charge zu vermeiden.  Außerdem hilft eine abwechslungsreiche Ernährung die Aufnahme von möglicherweise belasteten Lebensmitteln zu minimieren.

 

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